jemand, HiFi sei nicht wertstabil. Betrach-
tet man die Vorstellung des Oldtimers im
Messlabor, fällt auf, dass B&W damals
andere Ideale als heute hatte, orientierte
sich der Frequenzgang doch stark an einer
flachen Linie. Im Bass allerdings war der
Papiertieftöner mit einem Klirr von fast
drei Prozent weit vom heute Möglichen
entfernt. Akustisch ist das schon bei mode-
raten Pegeln zu hören, es klingt einfach
etwas unsauber im Vergleich zur aktuel-
len 685er. Tonal ist das auch nicht mehr
ganz auf der Höhe, der leichte und steife
Kevlar-Tiefmitteltöner aktueller Produk-
tion zeigt, was machbar ist. Dynamisch
hingegen weiß die aus Kunststoff geba-
ckene Box auch nach heutigen Maßstäben
noch zu überzeugen. Temperamentvoll
sollte sie sein, möglichst wenig Energie
absorbiert werden - Entwicklungsziele,
die zweifellos mit Hilfe der Prism-Technik
zur Reduzierung von Gehäuseresonanzen
erreicht wurden. Clever ist auch die schon
damals nach vorne gerichtete schlitzför-
mige Bassreflexöffnung.
Der kleinste Lautsprecher der damali-
gen Serie kann als Meisterwerk des klu-
gen Minimalismus betrachtet werden
- ökonomischer Umgang mit dem zur
»Eigene, sehr hochwer-
tige Chassis, die schon in
unseren Einsteigermodellen
zum Einsatz kommen, und ein
einfacher Weichenaufbau mit
hochwertigen Bauteilen sichern
überlegene, homogene Klangeigen-
schaften unserer Lautsprecher.«
U lf Soldan, Produktmanager
Verfügung stehenden Budget und klang-
lich für Größe und Preis ein Hammer. Die
685 musste sich gehörig ins Zeug legen,
um die Ahnin in die akustischen Schran-
ken zu weisen. Dabei fielen neben dem
deutlich sauberer und kräftiger wieder-
gebenden Tieftonbereich insbesondere
eine feinere Auflösung über den gesam-
ten Frequenzbereich und eine trotzdem
sanftere Hochtonwiedergabe auf. Gegen
die Doppel-Alukalotte der aktuellen Serie
sieht die Gewebekalotte aus den 90ern tat-
sächlich kein Land. Ja, der Einstieg bei
B&W ist heute teurer, die gebotene (Ver-
arbeitungs-)Qualität und der Einsatz von
Hightech-Materialien rechtfertigt das aber
allemal.
Michael Lang
Die Rückseite ist verstrebt und mit der Front-
platte zur Stabilisierung verbunden
Der Frequenzgang der 302 verläuft ruhiger als
der ihrer Nachfolgerin 685
G ETE STET IN STER EO 5 /1 4
B + W 6 8 5 S 2
Klangniveau:
82 %
Preis/Leistung: ★★★★★Ü b e rra g e n d
Besonderheit:
-
ordentlichen Wirkungsgrad aufwarten.
Der Vergleich mit der jüngeren Epicon 6,
die rund 9000 Euro kostet, ebenfalls durch
gelungene Formgebung besticht, dabei
aber deutlich kompakter ist, war eine
durchaus spannende Angelegenheit. Die
Konsequent auf Bi-Wiring und kürzeste Verbin-
dung zur Weiche ausgelegt: DALI Grand
stürmische Herangehensweise des Oldies
in Verbindung mit einem saftigen Bass
und einem großen Klangbild hatte schon
was. Die Epicon reichte ebenso tief hin-
unter, ging das Ganze aber etwas „dis-
tinguierter“ und räumlich präziser an.
Deutliche Unterschiede zeigten sich auch
hinsichtlich der tonalen Balance, wo die
Hybrid-Konstruktion der Epicon-Hoch-
tonabteilung mit Bändchen und Kalotte
eindeutig harmonischer mit den beiden
Mitteltieftönern spielte, als es die Grand
mit ihrer beschichteten Kalotte, den bei-
den Konus-Mitteltönern und dem Duo
der acht Zoll messenden Tieftöner ver-
mochte.
Die zahlreichen kleinen Fortschritte
beim Magnetmaterial, bei der Verwen-
dung leichterer, aber steiferer Mem-
branm aterialien,
bei
Schwingspu-
len, in der Weichentechnik und der
G ETE STET IN STER EO 7 /1 2
D A L I E P I C O N 6
Klangniveau:
91 %
Preis/Leistung:
★ ★ ★ ★ Exzellent
Besonderheit:
-
»Die Grand war in vielen
Dingen speziell, und das
ganz bewusst. Wir wollten
viel Live-Charakter der Musik
transportieren und entwickel-
ten sehr aufwändige Chassis für
jeden Frequenzbereich. Darauf
aufbauend entstanden unsere
aktuellen Epicon-Modelle.«
Lars Worre, CEO DALI
Gehäusestabilität (obwohl die Grand 45
Kilogramm auf die Waage bringt) lassen
diese auf Spielfreude und „Livehaftigkeit“
getrimmte ehemalige Spitzenbox dann
doch ins Hintertreffen geraten, ohne dass
sie aus heutiger Sicht enttäuschend klin-
gen würde. Aber die Epicon 6 hat quasi
alle Vorzüge geerbt und wurde darüber
hinaus mit den Erfordernissen und Mög-
lichkeiten des 21. Jahrhunderts ausge-
stattet. Eigenklang oder der Hauch von
Verfärbung sind Eigenschaften, die im
aktuellen DALI-Vokabular nicht mehr
zu finden sind. Auch diese Dänen lügen
weniger denn je.
Michael Lang
6/2014 STEREO 33